Geduldsspiel: Grafikkarte eines iMac ersetzen

Der Autobauer NSU entwickelte in den 1960er-Jahren den Wankelmotor und baute ihn 1967 erstmals in den eleganten Ro80 ein. Der nach seinem Erfinder benannte Kreiskolbenmotor hielt in den ersten Modelljahren aber oft keine 30.000 km. Schon bald kursierte dieser Witz: Treffen sich zwei Ro80-Fahrer. „Den wievielten Austauschmotor hast du schon?“ „Den dritten. Und du?“

So ähnlich ging und geht es Besitzern eines iMac aus der Zeit um 2011, in den eine AMD Grafikkarte wie die 6750 M 512 MB eingebaut ist. Die Karte hält oft nur wenige Jahre. Ich habe kürzlich einen iMac A1311 zur Reparatur bekommen, dessen zweite Ersatzkarte nach knapp vier Jahren den Hitzetod gestorben ist. Sicheres diagnostisches Zeichen: Der Mac gibt nicht mal seinen Einschalt-Chime von sich. Entfernt man das Display, zeigen die LEDs an, woran es liegt (siehe Bild).

LED-Code hinter dem Display eines iMac. Leuchten nur die beiden linken LEDs grün (linkes Bild), ist die Grafikkarte defekt, aber das Logic-Board intakt. Leuchtet auch die dritte LED, funktioniert die Grafikkarte. Scherz am Rande: Die vierte LED leuchtet nur, wenn auch das Display eingesetzt ist. Etwas für Röntgenaugen.

Mittlerweile hat man Glück, wenn man noch eine funktionierende Ersatzkarte bekommt (kaputter Mac wird ausgeschlachtet und die Grafikkarte oft weit überteuert angeboten). Doch dann beginnt die Mühe erst richtig. Dass bei Apple das Design eher selten der Funktion folgt, ist bekannt. Dafür sehen die Teile halt stylisch aus. Beim iMac haben sie es aber auf die Spitze getrieben, denn der Aus- und Wiedereinbau der Grafikkarte dauert gut und gerne vier Stunden. Die Fotos zeigen, wie weit man den iMac zerlegen muss, um an die Grafikkarte zu kommen.

i-Mac zerlegt
Blick in einen fast vollständig auseinandergenommenen iMac; die dicken Kupferleitungen führen die Wärme von der Grafikkarte ab.
AMD-Grafikkarte
Grafikkarte mit den aufgesetzten vier Wärmeleit-Pads (grau) für die VRAM-Chips

Mir war der Geist von Steve Jobs wohl besonders gewogen, denn ich hatte eine gebrauchte Karte erstanden, die offenbar schon vor dem Ausschlachten den Hitzetod gestorben war. Das habe ich aber erst bemerkt, nachdem ich den mühsamen Raus-rein-Zyklus hinter mir hatte. Also noch mal eine Karte organisiert und das Spiel von vorne begonnen. Beim zweiten Mal war ich dann aber doch um fast eine Stunde schneller. Und die Freude, als sich der Catalina-Startbildschirm zeigte, war riesig. Erst recht beim Besitzer.

Startbildschirm iMac Catalina
Der Startbildschirm von Catalina

3 Gedanken zu „Geduldsspiel: Grafikkarte eines iMac ersetzen“

  1. Ein nachdrückliches Augenbrauenheben für Apple. Applaus, Applaus, Applaus dagegen für den Werkstattdoktor, dessen Wissen selbst die schwindelerregend höchsten Apple-Preise überragt und dessen Geduld, Beharrlichkeit und Finesse alle Montagsmacs und -zubehöre zusammen überdauern.

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    • Diese Schwäche betraf nicht nur an Montagen geerntete Äpfel. Böse Zungen sprechen von einem Konstruktionsfehler. Offen bleibt, ob der von Apple oder AMD zu verantworten ist. Oder von beiden?

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  2. Da kann ich Claudia nur Recht geben. Bei mir waren’s ein Tonarm an einem Plattenspieler aus meiner Jugendzeit – und die ist sehr lang her – und das Komplett-Organversagen meiner geliebten Kenmix-Kaffeemaschine, die neu nicht mehr erhältlich war. In beiden Fällen wollte der Werkstattdoktor einfach nicht auf- und die beiden Oldies dem Elektroschrott übergeben. So sind sie heute noch im Einsatz.

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